Wie die vierte Glocke entsteht
Der Glockenguss von Allmannsweier ist eine außergewöhnliche Veranstaltung des Fördervereins zur 1000-Jahr-Feier des Dorfs.
Badische Zeitung, 21. Mai 2016 |von: Hagen Späth
SCHWANAU-ALLMANNSWEIER „Fest gemauert in der Erden / steht die Form, aus Lehm gebrannt. / Heute muss die Glocke werden. / Frisch Gesellen, seid zur Hand.“ So beginnt Friedrich Schillers „Lied an die Glocke“, und genau so soll es auch kommende Woche in Allmannsweier geschehen, wenn im Rahmen der 1000-Jahr-Feier die vierte Glocke für den Kirchturm gegossen wird.
Mit althergebrachter Technik will die Firma Voegele aus Straßburg, die seit mehr als 100 Jahren diesem Metier nachgeht, dies auf dem Gelände des Schützenhauses in Allmannsweier zu Wege bringen. Dazu werden die Gesellen der Firma schon zwei Tage vor dem eigentlichen Glockenguss anreisen, um erste vorbereitende Arbeiten zu erledigen. So muss zum Beispiel der Glockenturm umgebaut oder der Elektromotor für das Geläut neu eingestellt werden.
„Dass da oben im Kirchturm noch Platz ist für eine vierte Glocke, das hatte vor einigen Jahren Roland Ankermann erwähnt. Das ist der Fachmann, der unsere Turmuhren wartet“, sagt Pfarrer Axel Malter. Anlässlich der 1000-Jahr-Feier hat sich der Kirchengemeinderat daran erinnert und die Idee in den Förderverein getragen.
Der Förderverein hat die Anregung begeistert aufgenommen und in einem Arbeitskreis zusammen mit Kirchengemeinderäten ein detailliertes Festprogramm rund um den Glockenguss organisiert, das über vier Tage geht und am Sonntagabend – wenn alles gut läuft – mit dem ersten Läuten aller vier Glocken seinen Abschluss finden soll.
Für Ortsvorsteherin Ria Bühler, die auch den Vorsitz im Förderverein innehat, ist dieser Teil der Jubiläumsfeier etwas ganz Besonderes: „Wann und wo gibt es das schon, die Herstellung einer Kirchenglocke live mitzuerleben?“
Um zu wissen, was auf sie zukommt, haben die Organisatoren eine Exkursion in die südlichen Vogesen unternommen und sich vor Ort informiert, wie dort – auch von der Firma Voegele – eine Glocke gegossen wird und wie das ganze Fest organisiert ist. Die Reise hat sich gelohnt: Unter anderem hat sich der Arbeitskreis abgeschaut, dass ein Filmteam die ganze Aktion aufgenommen und auf eine große Leinwand übertragen hat. Bühler: „So können auch die Zuschauer, die weiter weg stehen, die Arbeiten genau verfolgen.“ Darüber hinaus hat der Verein für alle Aktionstage mit Hilfe von Vereinen, Schule und Kindergarten ein großes Rahmenprogramm mit Bewirtung zusammengestellt (vgl. Programm rechts).
Das Glockengießen selbst beginnt mit dem Aufbau des Ofens und dem Eingraben der Glockenform von Donnerstagmittag an. Die Form besteht aus einem gemauerten und mit Lehm umkleideten Kern. Im nächsten Schritt wird die sogenannte falsche Glocke geformt. Diese besitzt bereits die Form der zu gießenden Glocke, besteht aber aus Lehm. Darum herum kommt der Mantel, der ebenfalls aus Lehm besteht. Zwischen den Teilen wird ein Trennmittel gestrichen, so dass die falsche Glocke, die als Platzhalter für die spätere richtige Glocke dient, leichter heraus geschlagen werden kann.
Nachdem die ganze Form in den Boden eingegraben wurde, wird die zuvor auf über 1000 Grad erhitzte Glockenspeise, eine Bronzelegierung, in den Hohlraum gegossen. Wer also noch etwas von der Glockenform sehen will, sollte schon um die Mittagszeit vor Ort sein, denn nach dem Mittagessen wird sie eingegraben. Den Freitag über kühlt die Form aus.
Am Samstagnachmittag wird sie ausgegraben, frei geschlagen, geputzt und gegen Abend erstmals angeschlagen. Diesem Moment fiebern alle jetzt schon entgegen. Pfarrer Malter: „Da wird es spannend. Es gelingt …