Die Kirchenglocke von Allmannsweier ist gegossen
Der Guss einer vierten Glocke für die Dorfkirche lockte an Fronleichnam Tausende Besucher nach Allmannsweier. Kirchengemeinde und Förderverein 1000 Jahre Allmannsweier organisierten eine Topveranstaltung.
Lahrer Anzeiger, 27. Mai 2016
Die Veranstaltungen zum Jubiläum 1000 Jahre Allmannsweier überzeugen weiter voll. Aktuell mit dem Guss einer vierten Glocke für die Dorfkirche, der noch bis Sonntag (weiterer Zeitplan siehe »Informiert«) als dreitägiges Event auf dem »Arena-Areal« im Wilkenweg abläuft. Zum Auftakt fanden sich am Donnerstag Tausende Besucher aus der Umgebung ein, um Teil des Großereignisses zu sein Der Guss wurde sogar zum internationalen Medienereignis. Ein Fernsehteam des Senders Arte war vor Ort. Zu sehen ist der Beitrag am Samstag, 19. Juni, 19.10 Uhr.
Unterhaltende Elemente lieferten ein Platzkonzert des Posaunenchors Schwanau, Auftritte des Allmannsweierer Kindergartens und der Grundschule Schwanau. Die Schüler zeigten einen Rap zu Friedrich Schillers berühmtem »Lied von der Glocke«. Die Feierlichkeiten wurden bei sommerlichem Kaiserwetter mit dem Fassanstich von Ortsvorsteherin Ria Bühler eingeläutet: »Dieses Ereignis haben wir an die große Glocke gehängt. Wir wollen euch ein granatenmäßiges Fest bescheren.«
1200 Grad
Mittelpunkt des Geschehens bildete das Glockengießen selbst. Für die ausführende Société André Voegelé (Straßburg) stellte sich angesichts der Bedingungen manche Herausforderung. Die Fachleute hatten im Vorfeld die Form für die Glocke hergestellt, in Allmannsweier war der Schacht bereits ausgehoben worden. Doch in unter einem Meter Tiefe wurde, bedingt durch den Regen der Vortage, auf Grundwasser gestoßen. Daher musste rund um den Schacht eine Aufschüttung vorgenommen werden. »Wenn die Glocke ins Wasser geraten würde, wäre das absolut kontraproduktiv«, verdeutlichte Voegelé. Die Fachleute stellen Glocken noch nach alter Väter Sitte im Lehmformverfahren her. Eine Form wird in der Erde versenkt, mittels eines provisorischen Ofens die Bronzelegierung erhitzt und in Form gegossen. Temperaturen von 1200 Grad Celsius kamen zum Tragen. Die fertige Glocke soll 180 Kilogramm schwer und auf den Ton »Cis« (zweite Oktave) gestimmt werden. Sie wird zum einen das Logo des Jubiläumsjahrs und das Motto »Gott sei Dank« tragen. Den gesamten Tag über nahmen sich Mitarbeiter und André Voegelé viel Zeit, um neben den Arbeiten die vielen Fragen der Besucher zu beantworten.
Bei Einbruch der Dämmerung strebte der Tag seinem Höhepunkt entgegen. Der Ofen wurde immer weiter erhitzt, Verunreinigungen aus dem heißen Metall entfernt. Ehe der eigentliche Guss begann, segnete das Pfarrer-Ehepaar Axel und Renate Malter den Gussvorgang. Ortsvorsteherin Bühler sprach von Ehrfurcht vor alter Handwerkskunst« und »Demut ob des hoffentlich gelingenden Gusses«. Die nach ersten Schätzungen zwischen 1500 und 2000 Besucher erlebten das spektakuläre Geschehen hautnah oder konnten die Bilder auf einer Videoleinwand verfolgen. Oberirdisch waren Rinnen gemauert worden, die das flüssige Metall zu den Gusslöchern der Glockenform leiteten. Im Ofen schmolz die Bronze, floss dann in die Glockenform. Der Vorgang erfolgte auf nachdrückliche Bitte Voegelés in absoluter Stille. Der gesamte Vorgange musste in wenigen Minuten abgeschlossen werden. »Das Metall kühlt rasend schnell ab, daher mussten wir schnell und präzise sein«, so Voegelé. Mit dem Ergebnis waren die Fachleute kurz nach 22 Uhr, zufrieden. »Der Guss ist gelungen«, verkündete André Voegelé unter aufbrandendem Applaus der Besucher. Jetzt bleibt nach dem Abkühlen abzuwarten, ob sich die Glocke tatsächlich so darstellt und klingt wie erhofft.
Info
Weiteres Programm
Fortgesetzt wird das Glockengießen heute, Samstag, 12 Uhr, mit dem Mittagessen. Ab 14 Uhr wird die Glocke ausgegraben, geputzt und gestimmt. Gegen 18 Uhr soll sie erstmals angeschlagen werden. Den Abschluss bildet morgen, Sonntag, 9 Uhr, der festliche Transport per Pferdefuhrwerk zur Kirche. In einem Festgottesdienst wird die Glocke geweiht, im Anschluss in den Turm hochgezogen. Gegen 19 Uhr ist dann erstmals das vierstimmige Kirchengeläut zu hören, begleitet von einem Sektempfang.
Autor: Thorsten Mühl