Ein heißes Spektakel
Lahrer Zeitung, 28. Mai 2016
Von Jasmin Lehmann
Lange wurde das Glockengießen in Allmannsweier herbeigesehnt – nun ist ein Teil des Spektakels bereits vorbei: die Glocke ist gegossen worden. Heute wird sie ausgegraben, ausgeformt, geputzt und gestimmt
Allmannsweier.
Die Arbeiten an der Kirchenglocke sind in vollem Gange. Am Donnerstag wurde die vierte Glocke gegossen. Die Besucher beobachteten das Geschehen aufmerksam und nutzten die Gelegenheit, dem Chef der Glockengießfirma, André Vögele, Fragen zu stellen. Das ist auch das A und O für den Chef – die Kommunikation. Vor 12 Uhr waren die Mitarbeiter von Vögele bereits dabei, den Ofen zu bauen und die notwendigen Vorrichtungen zu schaffen. Auch die Glockenform stand schon bereit.
Ortsvorsteherin Ria Bühler freute sich, die zahlreichen Besucher begrüßen zu können. Wie jede Veranstaltung startete das Fest zum Glockengießen mit der Jubiläumshymne, die diesmal vom Posaunenchor gespielt wurde. „Wir haben den Termin mit dem Glockenguss ja regelrecht an die große Glocke gehängt“, sagte die Ortsvorsteherin. Die Besucher kamen aus Allmannsweier, aber auch aus den umliegenden Gemeinden, da das sonnige Wetter zu Radtouren einlud. Sogar aus Frankfurt war ein Besucher vor Ort, um das Spektakel zu beobachten. Was viele bereits aus der „Sendung mit der Maus“ kannten, konnte nun live miterlebt werden.
Mit wenigen Schlägen konnte Ria Bühler das Fass anstechen und das Bier konnte fließen. Gleichzeitig wurde auch das Festbier vorgestellt, das die Ulmer-Brauerei zu diesem Anlass herstellt. Zahlreiche Sponsoren haben diesen Glockenguss möglich gemacht, so Bühler, insbesondere hob sie Martin und Dieter Herrenknecht hervor.
Der Guss wurde nach traditioneller Art hergestellt. Bereits am Morgen standen neben einer Glockenform aus Lehm auch ein Modell aus Erde bereit, das ein Stück der entstehenden Glocke zeigte. Vorab wurde eine Grube ausgehoben und die Glockenformen eingegraben. Am Abend wurden dann 250 Kilogramm Bronze geschmolzen. Hierzu benötigte es rund 1100 bis 1200 Grad, um die Legierung zu verflüssigen. „Normalerweise schmilzt Bronze bei rund 910 Grad“, so Vögele, aber da die Glocke im Freien gegossen wurde, kühlte es zu schnell ab, sodass stärker aufgeheizt werden musste.
Mit Einbruch der Dunkelheit wurde es dann spektakulär. Die Glockenform wurde mit der flüssigen Bronze gegossen. Hierzu schöpften die Mitarbeiter die Legierung in die Form in der Grube. Das wichtigste für Vögele ist hierbei jedoch das Gebet vor dem Guss. „Wenn einem Pfarrer was an seiner Glocke liegt, dann wird ein Gebet davor gesprochen“, sagte Vögele und schmunzelt. Gemeinsam mit dem Pfarrehepaar Renate und Axel Malter wurde ein Dankgebet gesprochen und das Lied „Großer Gott wir loben dich“ gesungen.
Für Vögele ist am Schau-Gießen die Kommunikation das Besondere. „Es ist schön, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen“, sagte er, und das alte Handwerk zu erklären und zu praktizieren. Während des Gussvorgangs bat der Glockengießer dann aber um absolute Stille.
Rund drei bis sechs mal pro Jahr gießt Vögele in dieser Art Glocken. In seiner Werkstatt entstehen aber deutlich mehr Glocken – 30 bis 100 jährlich, schätzt er. Zur Glockengießerei kam er durch seinen Vater, der früher die Glocken wartete. „Ich bin wie Obelix einfach hineingefallen“, sagte Vögele und lachte. In der Firma des Vaters kam das Glockengießen dazu und er stieg mit ein. Der Firmenchef betonte, dass es sich lohne, eine Glocke zu gießen – im Freiburger Münster hängt eine aus dem Jahr 1258, die bis heute ertönt.